Verbessert die Exzellenzinitiative tatsächlich die Exzellenz des deutschen Hochschulwesens?

Die Exzellenzinitiative, die Bund und Länder im Jahr 2005 ins Leben riefen, soll Wissenschaft und Forschung in Deutschland so fördern, dass auch auf internationaler Ebene eine akademische Qualität erreicht wird. Verbunden ist damit der politische Wunsch, dass die Exzellenz-Universitäten symbolische und strukturelle Strahlkraft entwickeln, die weit über die finanzielle Subventionierung hinausreicht, sondern auch die exzellenten Wissenschaftlicher aus Welt an den heimischen Forschungsstandard zieht.

Dynamik im Hochschulwesen durch die Exzellenzinitiative 

Zwar hat diese Initiative Dynamik in die deutsche Wissenschaftslandschaft gebracht und einige Universitäten haben sich in den Rankings verbessert. Den durchschlagenden Erfolg hat die Exzellenzinitiative bislang allerdings nicht erzielen können. Ob damit der Abstand vor allem zu den USA mit ihren universitären Leuchttürmen wie Princeton, Harvard oder Yale verringert werden kann, ist nicht gesichert.

Dagegen spricht bereits das Anlegen eines finanziellen Maßstabs. Die Initiative sieht für die deutschen Universitäten finanzielle Mittel in Höhe von gut 500 Millionen pro Jahr vor. Dies ist in etwa das Budget der Stanford University – allerdings nur einer der sieben Fakultäten. Auch im Vergleich zur Ausstattung europäischer Universitäten wie Oxford oder die ETH Zürich wirken diese Mittel verhältnismäßig gering. Wenn man diese Form der Hochschulpolitik also auf den Prüfstand stellt, was soll damit erreicht werden?

Eine Evaluation im Februar 2016, durchgeführt von der sog. Internationalen Expertenkommission Exzellenzinitiative (IEKE), zeigt denn auch ein zwiespältiges Bild der erzielten Erfolge. Dies mag auch an einem etwas unklaren Ziel und Zweck der Evaluation liegen. Ihr Verdienst ist es jedoch, die inhärenten Probleme des deutschen Hochschulsystems zu benennen und dabei gleichzeitig festzustellen, dass die die Exzellenzinitiative zur Lösung derselben praktisch keinen Beitrag leistet.

Als offene Flanken benennt die Kommission u.a. Governance-Probleme in Form der zu gering ausgeprägten vertikalen Differenzierung zwischen den Universitäten oder angeblich zu schwache Hochschulleitungen, die mehr Flexibilität in ihrem Handeln benötigen. Diese mangelnde Differenzierung und inflexiblen Handlungsmöglichkeiten verhindern eben die durch die Exzellenzinitiative angestrebte wettbewerbsorientierte Differenzierung der Hochschullandschaft. Die Frage stellt sich jedoch, ob durch eine gelingende Differenzierung die eigentlich traditionelle Stärke des deutschen Hochschulsystems, nämlich die Möglichkeit, dass an prinzipiell jedem Standort fast jedes Niveau von Forschung möglich ist, tatsächlich kompensiert werden kann. Oder ob dadurch nicht eher mehr Verluste als Gewinne eingefahren werden.

Strukturprobleme im deutschen Hochschulwesen

Des Weiteren zeigt die Evaluation grundlegende Strukturprobleme des deutschen Hochschulwesens, nämlich eine nach wie vor klare Unterfinanzierung der Hochschulen. Diese schlägt sich u.a. in sich verschlechternden Betreuungsrelationen der Lehrenden nieder, die sogar ungünstiger ausfallen als noch im Jahr 2003.

Wie die Kommission ebenfalls feststellt, hat sich die desolate Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses durch die Exzellenzinitiative sogar weiter verschlechtert. So nimmt die Zahl der meist sehr kurzzeitig befristeten Stellen unterhalb der Professur weiterhin zu, und wie in vielen anderen europäischen Ländern auch verschärft sich die „Flaschenhalsproblematik“. Diese besteht darin, dass „einer hohen Zahl qualifizierter und befristet angestellter Nachwuchswissenschaftler_innen eine geringe Zahl von Professuren bzw. sonstiger Dauerstellen gegenübersteht“. Erstere finanzieren sich zunehmend über Drittmittel. Für diesen Drittmittelwettbewerb werden wertvolle Ressourcen vergeudet, die besser in Forschung Lehre investiert werden sollten. Die Kommission kommentiert dazu:

„Die Situation ist insofern nicht ganz frei von Zynismus, als die Universitäten immens davon profitieren, dass sich eine große Zahl junger Menschen darauf einlässt – in der Hoffnung auf eine akademische Karriere – die produktivsten Jahre ihres Lebens auf schlecht bezahlten und befristeten Post-Doc-Stellen zu verbringen“ (IEKE 2016, S. 26). Man könnte ergänzen, dass sich diese hoffnungsvollen jungen Akademiker und Akademikerinnen meist sogar noch ihre eigenen Arbeitsplätze durch die Einwerbung der Drittmittel finanzieren.

Neben diesen und anderen Aspekten, die die Kommission benennt, weisen auch andere kritische Stimmen seit längerem darauf hin, dass insbesondere die Fachbereiche Geistes- und Kulturwissenschaften dauerhaft benachteiligt werden. Hinzu kommt, dass Hochschulen, die keine Exzellenzuniversitäten sind, auch bei den Forschungsanträgen in einer schlechteren Position sein werden. Insgesamt fällt die Bilanz der Exzellenzinitiative also bisher bestenfalls gemischt aus, wenngleich diese Einschätzung aus Sicht der Exzellenzuniversitäten deutlich positiver einzuordnen sein dürfte.

Quellen:

IEKE [Internationale Expertenkommission Exzellenzinitiative] (2016): Internationale Expertenkommission zur Evaluation der Exzellenzinitiative. Endbericht

Reitz, Tilmann / Graf, Angela / Möller, Christina (2016):  Preview: Nicht förderungswürdig. Weshalb die Evaluation der Exzellenzinitiative gegen deren Fortsetzung spricht, in: Zeitschrift für kritische Stadtforschung, Online: http://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/announcement/view/38

Rogge, Jan-Christoph (2015): The winner takes it all? Die Zukunftsperspektiven des wissenschaftlichen Mittelbaus auf dem akademischen Quasi-Markt, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 67/4, S. 685-707.

Wiarda, Jean-Martin, Die Zeit (2016), Rankings sind was für Angeber, Online: http://www.zeit.de/2016/14/universitaeten-silicon-valley-stanford-exzellenzinitiative-john-hennessy