BIG – Die Verbindung von Grundlagenforschung und angewandter Wissenschaft gescheitert?

Die Verbindung von Grundlagenforschung und angewandter Wissenschaft in Form der sog. „translationalen Wissenschaft“ gilt als explizites Ziel des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIG/BIH). Dieses Ziel sei gescheitert – so titelte u.a. die ZEIT (08.06.17). Zeit demnach, diese Form der Forschungspolitik auf den Prüfstand zu stellen.

Der Zusammenschluss der Berliner Charité und des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), ein Institut der Helmholtz-Gemeinschaft, in einer eigenen rechtlichen Konstruktion wurde als ein Meilenstein auf dem Weg zur internationalen Anschluss- und Wettbewerbsfähigkeit bei der Entwicklung medizinischer Therapien betrachtet. Außerdem sollte damit gezeigt werden, dass universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen zusammenarbeiten können, insbesondere da dieses Thema im Rahmen der Exzellenzinitiative verfassungsrechtlich und machtpolitisch anhaltend intensiv diskutiert wird. Zumindest waren das im Jahr 2011 die begründeten Hoffnungen der Politik.

Im Jahr 2017 weiß man es besser. Nicht nur die rechtliche Konstruktion, wonach das BIG eine Art Dachorganisation bildet und die Charité und das MDC zu- bzw. untergeordnet sind, ist heiß umstritten. Zwar sollte das Konstrukt auch dazu dienen, Geld des Bundes in die kommunale Einrichtung Charité zu lenken. Aber eine Zu- oder gar Unterordnung für ein traditionsbewusstes Haus wie die Charité zugunsten eines neu gegründeten Instituts – damit konnte kaum ernsthaft gerechnet werden.

Hinzu kommt die oftmals geäußerte Befürchtung der Entstehung einer Zweiklassen-Gesellschaft innerhalb des Konstruktes. Wer nämlich ans BIG berufen wird, erhält eine deutlich besser dotierte Professur und bessere Ausstattung, während die Charité als chronisch unterfinanziert gilt.

Diese Machtkämpfe und Richtungsstreitereien zugunsten des jeweils eigenen Hauses haben zur aktuellen Krise des BIG geführt, die darin kulminierte, dass der Vorstandsvorsitzende und Spitzenforscher Erwin Böttinger, erst seit Ende 2015 im Amt, seinen Rücktritt eingereicht hat.

Ob das Vorhaben damit gänzlich gescheitert ist, ist noch zu früh zu beurteilen. Jedoch lässt sich feststellen, dass sich am Beispiel BIG symptomatisch die Konflikte zeigen, die den deutschen Wissenschaftsbetrieb umtreiben. Dies sind u.a. die Reibungen, die entstehen, wenn versucht wird, internationales Spitzenniveau zu erreichen (Stichworte: Elitedebatte, Exzellenzinitiative), um sich vor allem mit US-amerikanischen Einrichtungen zu vergleichen, aber schwerfällige heimische Gegebenheiten dem entgegenstehen können.

Weiterführende Links:

http://www.zeit.de/2017/24/berliner-institut-gesundheitsforschung-krise-forschung

http://www.tagesspiegel.de/wissen/berliner-institut-fuer-gesundheitsforschung-big-in-berlin-und-irgendwann-weltweit/12654492.html