Studium in Zeiten der Pandemie

„Wo ist Ihre Hausarbeit?“  – „Das Virus hat´s gefressen“

So oder so ähnlich könnten die Sprechblasen einer Karikatur, die die akademische Welt auf die Schippe nimmt, derzeit aussehen. Und es könnte darüber gelächelt werden, wäre da nicht der reelle Ernst der Lage. Die Menschheit befindet sich derzeit nicht in einer cineatischen, Cameronschen Dystopie wie „2012“, die nach etwa zwei Stunden ein Ende findet. Das Heute ist mit dem Heute vor einem Vierteljahr, ja sogar mit dem Heute vor fünf Wochen nicht vergleichbar. Dabei ist es gleich, in welches (Bundes-) Land der Blick schweift. Selbst für jene, deren soziales Leben nicht eingeschränkt wurde, ist das Heute ein anderes, mit Angst verknüpft und das Morgen eher vage denn gewiss.

Die Pandemie überlagert wichtige Themen

Fridays for Future? Zeitungsberichte en masse mit dem Klimawandel als Thema? Die Schmelzen der Gletscher? Diskussionen um die Besteuerung der Rente? Nahezu die meisten, auch wissenschaftlich zu betrachtenden Themen scheinen komplett in den Hintergrund getreten. Es ist die Stunde der Virologen und Wirtschaftsexperten. Leider auch der Populisten, die eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die wahre Katastrophe nicht erst noch durch immer massiver verteilte Desinformationen und Verschwörungstheorien einstellt. Ebenso bleibt abzuwarten, wie sich Covid-19 noch entwickeln wird und welche weitergehenden gesundheitlichen Schäden mit der Viruserkrankung werden. Erste Berichte sprechen von Schädigungen am zentralen Nervensystem oder an anderen Organen als „nur“ der Lunge.

Während Politiker händeringend nach umfassenden Lösungen und Wegen suchen, kommen andere Themen zu kurz. Dazu gehört auch die Aufrechterhaltung des Universitätsbetriebs und die Betreuung der Studierenden. Vielerorts wird mittlerweile von einem „digitalen Sommersemester“ gesprochen. Klausuren werden durch schriftliche Prüfungsformen wie z.B. einem „Scientific Essay“ ersetzt, die letztlich aber nichts anderes darstellen als eine Hausarbeit oder Seminararbeit. Oftmals wird auch verlangt, das Thema nochmals in Form einer Videopräsentation aufzubereiten und darzustellen, was manchen Studierenden eine gewisse Medienkompetenz abverlangt, die über die fachliche Kompetenz hinausgeht.

Die Veränderung von Lehre und Prüfungsformen sind aber nicht die einzige Problematik, der sich Studierende derzeit und in kommender Zeit stellen müssen. So sind allein durch die Schließung gastronomischer Einrichtungen eine Menge an Nebenjobs verloren gegangen, was sicherlich die finanzielle Planung vieler Betroffener gehörig durcheinander bringt. Dass eine finanzielle Bedrängnis einer Konzentration auf das Studium nicht zuträglich ist, versteht sich von selbst. An dieser Stelle sei anzuraten, sich im Notfall nach Stiftungen zu erkundigen, die einem eventuell unter die Arme greifen. Denn exakt das ist es, was gerade in dieser Zeit nicht passieren darf: Der Mut und die Hoffnung dürfen nicht verloren gehen. Die momentane Lage, Angst und Besorgnis gehen nicht spurlos an den Menschen vorbei und gerade jetzt ist ein soziales Miteinander enorm wichtig.

Am 20.04.2020 startete der digitale Vorlesungsbetrieb an vielen Universitäten in Bayern. Nun sollte man meinen, dass dies der bisher wohl Technik-affinsten Generation in großem Maße entgegenkommt und die vergangenen Wochen der Schockstarre vorbei sind. Es wird sich zeigen, welche Form der Lehre und Wissensvermittlung die Universitäten entwickeln.

Aber diese krisenhafte Situation kann auch als zu bewältigende Herausforderung betrachtet werden, aus denen Kraft und Hoffnung geschöpft werden kann. Sich auf das Studium zu konzentrieren bedeutet nämlich auch, sich auf die Zukunft zu konzentrieren und nach vorne zu schauen. Durch den digitalen Vorlesungsbetrieb mag vielleicht das ein oder andere untergehen, daher sollte sich nicht gescheut werden, z.B. Dozenten bei Fragen anzuschreiben, auch wenn es vielleicht nur um Zitationsregeln geht. Auch sich mit Kommilitonen auszutauschen, kann hilfreich sein, um vielleicht auf Lösungen zu kommen, die man alleine nicht entdeckt hätte. Viele Studierende von heute werden die Experten und Berater von morgen sein – selten gab es etwa ein derartiges Ereignis, um es etwa von der Seite des Krisenmanagements aus zu betrachten, das zeigt, wie wissenschaftliche Theorien in die gesellschaftliche Praxis umgesetzt werden können.