In den meisten akademischen Texten wie einer Bachelorarbeit, Masterarbeit oder vor allem Dissertation ist ein gewisses Maß an Eigenleistung gefordert, die die akademische Arbeit als einzigartig charakterisiert. Diese Eigenleistung kann sich auf verschiedene Merkmale beziehen.
Dazu zählt eine selbstständige Problemformulierung und Zielsetzung, bei der eine eigene Forschungsfrage entwickelt oder präzisiert wird oder ein bestimmtes Erkenntnisinteresse der Arbeit abgeleitet werden. Dazu gehört auch die eigenständige Methodenauswahl und -anwendung, bei der Methoden passend zur Fragestellung entwickelt wird. Am augenfälligsten ist die Eigenleistung bei einem empirischen Forschungsdesign, sei es quantitativer oder qualitativer Art.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die eigenständige Analyse und Interpretation von Ergebnissen, bei der eine kritische Auseinandersetzung mit den gewonnenen Daten und eine Kontextualisierung der Ergebnisse im (zuvor erarbeiteten) wissenschaftlichen Diskurs bzw. Forschungsstand erfolgt. Zudem ist die Reflexion und Einordnung von Bedeutung wichtig, bei der die eigene Vorgehensweise bewertet und deren Limitationen sowie mögliche Weiterentwicklungen diskutiert werden.
Eigenleistung bei literaturbasierten Arbeiten
Bei Literaturarbeiten spielt vor allem die theoretische Eigenleistung eine Rolle, bei der neue Perspektiven, Synthesen oder strukturierende Übersichten entwickelt und eine kritische Auseinandersetzung mit bestehender Literatur, zum Beispiel durch eigene Kategorisierung oder Argumentation, erfolgt. Bei einer literaturbasierten Ausarbeitung kann bereits die Methodik der Literaturanalyse eine Eigenleistung darstellen. Hier ist insbesondere das methodisch anspruchsvolle systematische Literatur Review zu erwähnen, wobei dieses nicht für jedes Thema und Fachgebiet sinnvoll ist.
Unterschied zwischen deskriptiven und analytischen Arbeiten
Der Unterschied zwischen einer analytischen und einer deskriptiven Herangehensweise liegt im Ziel der Untersuchung, in der Tiefe der Bearbeitung und damit auch in der Art des wissenschaftlichen Eigenanteils. Die deskriptive Herangehensweise hat das Ziel, Sachverhalte systematisch darzustellen, ohne sie notwendigerweise tiefergehend zu erklären oder zu interpretieren. Sie zeichnet sich durch die Reproduktion und strukturierte Zusammenfassung vorhandener Informationen aus, wobei der Fokus auf „Was ist?“ oder „Was wurde berichtet?“ liegt. Dabei werden sekundäre Quellen wie Fachliteratur oder Daten aus Studien genutzt, und es ist eine geringere theoretische oder methodische Eigenleistung erforderlich. Beispiele für eine deskriptive Herangehensweise sind der Überblick über den Forschungsstand zu einem Thema, oder die Auflistung und Darstellung empirischer Daten ohne tiefergehende Analyse. Der Eigenanteil liegt hier in der Auswahl, Strukturierung und Darstellung des Materials, wobei eine mögliche Eigenleistung in einer neuen Systematisierung oder vergleichenden Gegenüberstellung bestehen kann.
Die analytische Herangehensweise geht über die reine Beschreibung hinaus und zielt darauf ab, Zusammenhänge zu erkennen, zu erklären oder zu bewerten. Sie beschäftigt sich mit der Frage wie z.B. „Warum ist etwas so?“ und wendet eigene Analyseinstrumente wie theoretische Rahmen, Kategorien oder Modelle an. Dabei erfolgt eine kritische Reflexion und Argumentation. Beispiele für eine analytische Herangehensweise sind die theoretische Analyse gesellschaftlicher Phänomene, die Interpretation literarischer Texte mithilfe spezifischer Ansätze oder die statistische Auswertung empirischer Daten zur Hypothesenprüfung. Der Eigenanteil liegt dabei in der Entwicklung und Anwendung eines analytischen Rahmens sowie in der Interpretation und Argumentation auf Basis eigener Kriterien.
Die erwartete Eigenleistung hängt vom akademischen Anspruch ab
Die Erbringung einer Eigenleistung in einer akademischen Arbeit wirkt sich in der Regel auf die Benotung bzw. Bewertung aus.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in vielen wissenschaftlichen Arbeiten zunächst deskriptiv vorgegangen wird, um den Kontext oder Forschungsstand darzustellen, und anschließend analytisch weitergearbeitet wird, um eine eigene Argumentation oder Interpretation zu leisten. Je nach Anforderung ist bei einer Bachelorarbeit meist der Anspruch an die wissenschaftliche Eigenleistung geringer als bei einer Masterarbeit oder Doktorarbeit. Zwar ist eine rein deskriptive Arbeit selten ausreichend, um einen klaren wissenschaftlichen Eigenanteil zu zeigen. Allerdings gilt es hier, nach akademischem Grad zu differenzieren. Bei einer Bachelorarbeit geht es vor allem darum, unter Beweis zu stellen, dass eine Auswertung der Literatur und deren Interpretation auf einem akademischen Niveau vorgenommen werden kann. Bei einer Masterarbeit liegt das Anspruchsniveau höher und verschiebt sich in Richtung analytische Eigenleistung, während bei einer Doktorarbeit eine ausgeprägte akademische Eigenleistung unabdingbar ist.
Sollten Sie dazu Fragen haben oder Ihre akademische Arbeit einem wissenschaftlichen Fachlektorat unterziehen wollen, stehen wir gerne zur Verfügung.