Private Hochschulen – Vor- und Nachteile für Studierende

Private Hochschulen erleben einen Aufschwung. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich die Zahl der Studierenden an nicht-staatlichen Hochschulen mehr als verzehnfacht. So waren laut Angaben des Statistischen Bundesamtes im Wintersemester 2018/19 über 246.000 Studierende an privaten Hochschulen immatrikuliert.

In Deutschland sind über 100 Hochschulen in privater Hand. Der größte Unterschied zwischen staatlichen und privaten Hochschulen liegt in der Finanzierung. Die staatlichen Einrichtungen werden über Steuergelder finanziert und im Prinzip kostenlos zur Verfügung gestellt – allerdings zahlen die Studierenden kleine Beiträge zur Deckung von Verwaltungskosten. Private Hochschulen werden durch Studiengebühren finanziert, erhalten aber auch zum Teil staatliche Zuschüsse. In der Regel stellt der Bund Finanzmittel zur Verfügung, während auf Länderebene entschieden wird, wie diese an staatliche und private Hochschulen verteilt werden. Unter den privaten gibt es zudem solche mit und solche ohne Promotionsrecht. Die staatlichen Hochschulen gliedern sich in Fachhochschulen und Universitäten sowie besondere Hochschulen für Kunst und Musik. Die privaten Hochschulen sind überwiegend Fachhochschulen, von denen es fast 100 in Deutschland gibt, während die Anzahl der privaten Universitäten bei knapp über 20 liegt. Doch welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus der unterschiedlichen Trägerschaft für Studierende?

Vorteile privater Hochschulen für Studierende

Zu den Vorteilen eines Studiums an einer privaten Hochschule gehört die bessere Betreuung (oder zumindest die Annahme, dass dem so wäre), eine geringere Abbruchquote und ein enger Kontakt zur Wirtschaft. Die bessere Betreuung wird prinzipiell möglich, weil durch die hohen Studiengebühren mehr Budget vorhanden ist. Durch die besseren finanziellen Rahmenbedingungen kann auch mehr Personal finanziert werden. Allerdings sind dies oftmals freiberufliche Dozenten, die die Lehrtätigkeit dementsprechend nebenberuflich ausüben. Durchschnittlich steht an privaten Hochschulen eine Lehrkraft für 30 Studierende zur Verfügung.

Daraus resultiert eine geringere Abbruchquote. Von den Studierenden an staatlichen Hochschulen brechen etwa ein Drittel ihr Studium ab. Unter den Studierenden an Hochschulen in privater Trägerschaft sind dies lediglich 8-9% (das hängt jedoch stark von der jeweiligen Hochschule ab).

Ein weiterer Vorteil ist die verkürzte Studiendauer an privaten Hochschulen. 90% aller Studierenden an privaten Hochschulen schließen das Studium innerhalb der vorgesehenen Regelstudienzeit ab. Viele Studierende absolvieren ihr Studium somit in kürzerer Zeit, verglichen mit jenen an staatlichen Einrichtungen. Durch den damit verbundenen früheren Einstieg in den Beruf kann ein Teil der höheren Kosten für das Studium wieder amortisiert werden.

Für Berufstätige kann sich das Studium an einer privaten Hochschule ebenfalls lohnen. Im Vergleich zu staatlichen Einrichtungen bieten die privaten Anbieter ein deutlich höheres Angebot an berufsbegleitenden Studiengängen an, während bei vielen staatlich getragenen Bildungseinrichtungen in diesem Bereich noch Nachholbedarf herrscht.

Auch die oft fehlenden Zulassungsbeschränkungen sind ein Vorteil gegenüber staatlichen Hochschulen. Das Vorhandensein eines Abiturs oder der Fachhochschulreife ist obligatorisch, aber viele private Einrichtungen verzichten auf die Beschränkung der Zulassung durch einen Numerus Clausus. Dafür werden oft Eignungstests abgehalten, die sich auf die schulischen Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch beschränken. Manche Hochschulen setzen zudem auf Assessmentcenter und Vorabgespräche mit Psychologen.

Hinzu kommt als weiterer Vorteil der enge Kontakt zur Wirtschaft. Durch die Zusammenarbeit mit Führungskräften aus Unternehmen haben manche der privaten Hochschulen die Möglichkeit, ihre Lehrpläne sehr praxisnah zu gestalten und am Bedarf der Wirtschaft auszurichten.

Nachteile privater Hochschulen für Studierende

Ein wesentlicher Nachteil sind die Kosten. Während staatliche Universitäten oft einen Semesterbeitrag verlangen, der im niedrigen dreistelligen Bereich liegt und verschiedene Serviceleistungen beinhaltet (zum Beispiel das Semesterticket zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV in einem begrenzten Einzugsgebiet), kostet das Studium an einer privaten Einrichtung mitunter mehrere Tausend Euro pro Semester. Je nach Träger können sich die Kosten für einen Abschluss auf 20.000,–€ bis 30.000,–€ summieren. Dies sind lediglich die zu entrichtenden Studiengebühren. Hinzu kommen noch die Kosten für die allgemeine Lebensführung. Besonderheiten, wie etwa das Absolvieren eines Auslandssemesters, sind ebenfalls noch nicht mitgerechnet. Für viele junge Menschen  übersteigen diese Summen die Grenzen des Möglichen.

Prinzipiell ist eine Förderung durch BaföG möglich. Dies gilt für staatliche ebenso wie für private Hochschulen. Diese Förderung bezieht sich aber auf die Lebenshaltungskosten und nicht auf die Finanzierung der anfallenden Studiengebühren! Es gibt jedoch noch andere Finanzierungsmöglichkeiten. Viele private Hochschulen bieten eine Nachfinanzierung an. Dabei werden die Studiengebühren erst nach Abschluss erhoben, wenn die Betreffenden bereits über ein entsprechendes Einkommen verfügen.

Ein weiterer Nachteil ergibt sich aus der starken Praxisorientierung. Für die Karriere in einem Unternehmen kann die Nähe zur Wirtschaft sinnvoll und sogar fördernd sein. Für eine wissenschaftliche Karriere ist sie es nicht. Das Studium an einer privaten Hochschule ist in der Regel stärker reguliert als jenes an einer staatlichen Hochschule. Der viel beschworene „Blick über den Tellerrand“ ist somit kaum möglich. Wer eine Karriere in Wissenschaft und Forschung plant, ist somit besser beraten, sich auf die Möglichkeiten einer staatlichen Hochschule zu verlassen.

Auch die Auswahl des Studienfachs kann über die Form der besuchten Hochschule entscheiden. Einrichtungen in privater Trägerschaft bieten auch künstlerische Studiengänge wie Bildhauerei und Schauspiel an, ebenso sind naturwissenschaftliche Studiengänge vertreten. Den Schwerpunkt bilden an den privaten Hochschulen jedoch die Fächer aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften, die über 60% des Studienangebots ausmachen.

Durch eine bessere finanzielle Ausstattung der staatlichen Hochschulen mit Finanzmitteln und Lehrkräften ließen sich die strukturellen Nachteile gegenüber den privaten Hochschulen durchaus auflösen. Dadurch wäre ein weiterer Schritt Richtung Chancengleichheit getan und auch weniger Privilegierte könnten in den Genuß eines Studiums mit erstklassiger Betreuung kommen.

Die Entscheidung für oder gegen ein Studium an einer privaten Hochschule hängt auch eng mit der Wahl des jeweiligen Faches zusammen. Die staatlichen Hochschulen bieten viele Studiengänge an, die ihre Berechtigung und einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben, aber mit eher mäßigen Verdienstaussichten verbunden sind, beispielsweise manche Geisteswissenschaften oder der pädagogische Bereich. In wirtschaftlichen Fächern – am besten noch mit einer besonderen Spezialisierung – sieht die Lage anders aus. Hier kann sich der Einsatz schnell bezahlt machen, da das Studium Türen öffnen kann in eine Berufswelt mit guten Verdienst- und Karrieremöglichkeiten.

Die Entscheidung will also gut überlegt sein. Informationsmöglichkeiten gibt es zum Beispiel bei dem Verband der privaten Hochschulen e. V. Dieser bietet auf seiner Homepage eine Übersicht aller Mitgliedseinrichtungen an: https://private-hochschulen.net/hochschulen.

Autor: Kai-Uwe Hüter

Quellen:

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