Durchführen von qualitativen Experteninterviews ohne Theorie?

Häufiger Fehler: Durchführen von qualitativen Interviews ohne theoretische Fundierung

Viele Kunden wenden sich an uns, wenn Sie im Rahmen Ihrer Masterarbeit oder Doktorarbeit auf das Problem stoßen, dass sie zwar bereits qualitative Experteninterviews durchgeführt haben, dass ihnen aber die theoretische Fundierung, der „rote Faden“ der wissenschaftlichen Arbeit, entweder komplett fehlt, unzureichend ist oder die Verzahnung mit der Empirie fehlt.

Mitunter drängt sogar die Betreuung auf eine frühzeitige Durchführung von Experteninterviews , so dass kaum Zeit bleibt, sich mit der dazu passenden Theorie zu beschäftigen. Danach kommt das böse Erwachen: Trotz der häufig zeitaufwendig durchgeführten Empirie kommt man nicht weiter und steht vielleicht sogar vor der Frage, alles wieder zu verwerfen und neu zu beginnen.

In diesem Artikel wollen wir dieses Problem aufgreifen, das oftmals bei wissenschaftlichen Abschlussarbeiten wie einer Bachelorarbeit, Masterthesis und selbst einer Dissertation auftritt. Nach unserer Erfahrung liegt diese Probleme in der methodischen Vorgehensweise begründet.

Eine der häufigsten Fehler bei der Durchführung einer qualitativen Empirie, also einer empirischen Untersuchung mit Fokus auf die Analyse und Interpretation nicht-numerischer Daten (z.B. Texte, (Experten)Interviews, Beobachtungen), sind:

  1. Mangelnde theoretische Fundierung

Ein häufiger Fehler besteht darin, dass qualitative Studien nicht ausreichend theoretisch fundiert sind. Es fehlen klare theoretische Ansätze oder Konzepte, die die Forschungsfragen und das methodische Vorgehen leiten. Ohne theoretische Verankerung ist es schwer, die Relevanz und Tiefe der Ergebnisse nachvollziehbar zu machen oder diese in einen größeren wissenschaftlichen Kontext zu stellen.

  1. Unklare oder zu breite Fragestellungen

Eine mangelnde theoretische Fundierung hat dann oftmals zur Folge, dass zu allgemeine oder unpräzise Forschungsfragen formuliert werden. Dies erschwert es, das Forschungsvorhaben gezielt durchzuführen und relevante Daten zu sammeln.

Das Ergebnis ist häufig ein übermäßiges und unübersichtliches Datenmaterial, das schwer analysierbar ist und zu unklaren, wenig aussagekräftigen Ergebnissen führt.

  1. Fehler bei der Auswahl der Probanden (Sampling)

Oft wird die Auswahl der Teilnehmer nicht zielgerichtet genug vorgenommen. Es können z.B. zu wenige Teilnehmer oder nicht zum Forschungsgegenstand passende Teilnehmende befragt werden. Eine unzureichende oder verzerrte Stichprobe kann aber dazu führen, dass die Ergebnisse wenig brauchbar sind bzw. nicht auf das Forschungsproblem übertragbar sind.

  1. Falsche oder unzureichende Datenerhebung

Fehler in der Datenerhebung können durch unstrukturierte oder nicht systematische Interviews, Missverständnisse oder fehlende Nachfragen entstehen. Insbesondere bei qualitativen Experteninterviews mit strukturierten Leitfäden sollte einerseits darauf geachtet werden, viel an Erkenntniswert zu generieren, d.h. Ergebnisse, die entsprechend analysiert werden können (siehe Punkt 5). Anderseits müssen die Ergebnisse aber auch eine gewisse Vergleichbarkeit aufweisen, damit sie überhaupt analysiert werden können.

  1. Unklare oder inkonsistente Datenanalyse

Bei der Datenanalyse treten oft Probleme auf, wenn keine klare Methodik verwendet wird, um Muster oder Themen in den Daten zu identifizieren. Auch eine mangelnde Systematik oder transparente Beschreibung des Analyseprozesses kann ein Problem sein. So wirkt die Analyse willkürlich oder unstrukturiert, was die Nachvollziehbarkeit und Validität der Ergebnisse gefährdet. Eine häufig angewandte Analyse- und Auswertungsmethode für qualitative Experteninterviews ist die so genannte Mayring-Analyse.

  1. Vernachlässigung der Reflexion des eigenen Forschungsverhaltens

In qualitativen Ansätzen ist die Reflexion der gewählten Forschungsmethode entscheidend, da diese die Datenerhebung und -analyse stark beeinflussen kann. Daher muss bereits im Vorfeld zum empirische Forschungsdesign eine kritische Auseinandersetzung mit der Wahl der Methodik stattfinden.

  1. Schwache Ergebnisdarstellung

Qualitative Daten erfordern eine präzise und transparente Darstellung der Ergebnisse. Wenn diese zu vage oder zu detailliert präsentiert werden, fällt es schwer, die zentralen Erkenntnisse klar zu formulieren. Dies erschwert es, den Nutzen der Forschung zu erkennen oder die Erkenntnisse auf andere Kontexte zu übertragen.

Unsere Empfehlung lautet daher: Eine sorgfältige Planung, fundierte Methodik und kritische Reflexion des gesamten Forschungsprozesses sind entscheidend, um diese häufigen Fehler zu vermeiden. Auch wenn von Seiten der Betreuung häufig auf eine frühzeitige Durchführung der Empirie gedrängt wird, oder sonstige zeitliche Zwänge vorliegen (zum Beispiel die Verfügbarkeit von Experten für Interviews), sollte eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der Theorie vorab erfolgen. Dies vermeidet eine häufig anschließende Inkompatibilität von Theorie und Empirie, die die gesamte wissenschaftliche Arbeit gefährden kann.

Wenn Sie dazu Fragen haben, wenden Sie sich rechtzeitig an uns, wir beraten Sie gerne zu Ihrem individuellen Forschungsdesign für Ihre Bachelorarbeit, Masterthesis oder Doktorarbeit.